Stadt Saalfeld bekennt sich zum Klubhaus

Wie geht es weiter nach der Einschränkung der Gästezahl?

Dass baulich gesehen im Klubhaus Saalfeld einiges im Argen liegt, ist schon lange bekannt. Sanierungspläne und Förderanträge wurden auf den Weg gebracht, liefen bisher aber ins Leere. Trotzdem war es für die Klubhaus-Gänger ein Schock, als Mitte Januar bekannt wurde, dass ab sofort Veranstaltungen ab einer Größe von 100 Personen aufgrund baulicher Gegebenheiten dort nicht mehr stattfinden dürfen.

Dieser von der Stadt Saalfeld als Eigentümer der Immobilie gemachte Ansage vorausgegangen war eine Begehung des Klubhauses zu seinen Brandschutz- Brand- und Katastrophenschutzregelungen. Das Fazit lautete: Für die 400 Personen, welche als Maximalkapazität des Klubhauses gelten, sind Fluchtwege von mindestens 1,20 Meter Breite vorgeschrieben. Dies ist nur am Haupteingang, aber nicht an den beiden Seiteneingängen gewährleistet. Mindestens ein weiterer Eingang muss aber als Fluchtweg neben dem Haupteingang bestehen und ebendiese 1,20 Meter Breite aufweisen. Außerdem sei die Entrauchungsanlage in einem Zustand, der nicht vom TÜV abgenommen werden könne, so die Stadt Saalfeld. Daher das Verbot von Veranstaltungen von 100 und mehr Personen. Veranstaltungen bis 99 Personen müssen rechtlich gesehen diese strengen Brand- und Katastrophenschutzauflagen nicht erfüllen und können daher weiter stattfinden, genauso kann der offene Jugendbereich geöffnet bleiben.

Doch was ist mit den großen Partys, die das Klubhaus Saalfeld ja gerade ausmachen? Der Saalfelder Metal-Stammtisch hatte für das Wochenende nach der Teilnehmereinschränkung ein großes Konzert geplant, das kurzerhand, aber mit viel Aufwand, in die Aula der Regelschule Gorndorf verlegt wurde. Die großen Veranstaltungen des Saalfelder Klubhaus e.V. hat dieser vorerst abgesagt.

Dass schnell eine Lösung gefunden werden muss, darauf drängen nun viele Akteure. Zunächst einmal diejenigen, welche die Veranstaltungen an diesem Ort organisieren: Der Saalfelder Klubhaus e.V. und der Saalfelder Metal-Stammtisch mit jeweils ca. 70 Mitgliedern. Das Bildungszentrum Saalfeld als Träger der offenen Jugendarbeit im Klubhaus unterstützt alle Forderungen, dass sich schnell etwas bewegen muss, genauso wie die Linken-Politikerin und Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss. Das Verbot von Großveranstaltungen sei „ein herber Schlag für die Sozio- und Jugendkultur im gesamten Landkreis“, erklärt sie in einer Pressemitteilung, besonders da das Klubhaus explizit für eine Jugendkultur steht, die nicht rechts geprägt ist.  Sie erachtete das Problem als dringlich genug, um gleich nach Bekanntwerden der aktuellen Situation eine kleine Anfrage an die Landesregierung einzureichen.

Was sagt der Ministerpräsident?

Besichtigung des Klubhaus‘ und der Notausgänge durch den Ministerpräsidenten am 24.1.

Da traf es sich gut, dass kurz darauf, am 24. Januar, Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow ohnehin zum Bürgerdialog in Saalfeld war und bei dieser Gelegenheit das Klubhaus besuchte. Beim Vorort-Termin stellte Bürgermeister Dr. Steffen Kania klar, dass die Stadt hinter dem Klubhaus stehe und sich für seinen Erhalt und seine Weiterführung einsetze. Er verwies auf viele Bemühungen der Stadt, Fördergelder dafür zu erhalten, darunter einen Förderantrag im EFRE-Programm (Fonds für regionale Entwicklung), der beim Land eingereicht wurde und ein „meiner Meinung nach sehr stimmiges Konzept“ für eine Generalsanierung enthalten habe, aber 2022 abgelehnt wurde. Der Charakter des Klubhauses sollte laut Konzept erhalten bleiben, eine Nutzung aller rund 140 Räume angestrebt werden, z.B. durch das Einziehen des Demokratieladens und das Einrichten von Künstlerwohnungen. Die Kosten hatte das mit dem Konzept beauftragte Ingenieurbüro Brückner mit 8,3 Millionen beziffert. Ramelow darauf: „Die Begründung war gut, aber der Fördertopf einfach leer.“ Derzeit steht das Klubhaus auf Platz 8 auf der Warteliste für dieses Förderprogramm. Er sehe derzeit keine Möglichkeit für eine Generalsanierung, bemerkte der Ministerpräsident frei heraus und regte zunächst an, „kleinere Brötchen zu backen“. Nachdem er sich selbst von den Fluchtwegen, die in enge Treppenhäuser münden und baulich mitunter keinen Durchbruch ermöglichen, überzeugt hatte, und außerdem Claudia Schaar vom Hochbauamt Saalfeld auf schwierige statische Gegebenheiten verwiesen hatte, kam er zu einer leicht veränderten Einschätzung. Zudem bestehe ja weiterhin das Problem mit der Entrauchungsanlage. Alles zusammengerechnet, so der Ministerpräsident, müsse man wohl doch etwas mehr Geld anfassen. Im Fazit versprach er aber Hilfe, sofern die Kosten im Rahmen blieben, und forderte den Bürgermeister auf, ihm schnellstmöglich Zahlen und Fakten zu benennen.

Was passiert jetzt?

Der nächste Schritt in Sachen Klubhaus ist daher Bestandsaufnahme durch ein Ingenieurbüro. Daraus leitet die Stadt Saalfeld eine Prioritätenliste mit Kostenplan ab. Diese Schritte sollen zwei Wochen nach Besuch des Ministerpräsidenten vollzogen sein. In der Zwischenzeit war und ist die Stadt Saalfeld im Gespräch mit den Vereinen, auch um etwaige Ausweichquartiere zu sondieren, darunter die Orangerie Saalfeld oder die Kulturscheune Reschwitz. Diese Vorschläge stießen bisher allerdings auf wenig Begeisterung, sei es aus Gründen der Lage oder der zu geringen Größe der vorgeschlagenen locations.

Fast 120 Jahre altes Haus

Saal des „Bürgerbräu“ (@Stadtmuseum Saalfeld, nachkoloriert, danke an Ingo Stein!)

Es ist nicht das erste Mal, dass das Haus am Oberen Tor vor einem Wendepunkt steht, ergibt ein Blick in seine Geschichte. Kaum ein Saalfelder weiß, dass es erstmals als Gartenwirtschaft von sich zu Reden machte: Am 1. April 1869 eröffnete hier der bisherige „Anker“-Wirt Karl Köhler eine neue Gastwirtschaft. In den Folgejahren wechselte diese immer wieder den Besitzer ( „Restauration zum Feldschlösschen“, ,,Hornsches Restaurant“, ,,Emmermannsches Restaurant“). Dann trat das Bürgerliche Brauhaus Saalfeld auf den Plan und errichtet auf dem von ihm gekauften Grundstück einen Neubau für das „Saalfelder Gewerkschaftshaus“. Am 4. Juli 1908 wurde es eingeweiht. Nach dem Ersten Weltkrieg erhielt das Haus den Namen „Bürgerbräu“ und beherbergte ein Kino.

1954 als „Klubhaus der Jugend“ eröffnet, unter anderem mit Lesezimmer und Fotokabinett, galt das Gebäude schließlich als DER Treffpunkt der Jugend in Saalfeld, ob zu Tanzstunde, Konzerten oder Disco. Nachdem nach der Wende viele weitere früher bestehende Discotheken und Clubs schlossen, z.B. das „Zapfe“ oder der „WEMA-Club“, erhielt das Klubhaus ein gewisses Alleinstellungsmerkmal für Partys. Hier spielten Größen wie Rammstein, Sido, Keimzeit, Rainald Grebe, Feine Sahne Fischfilet, Heaven Shall Burn und Kraftklub. Darüber hinaus fanden und finden hier Kreativmärkte, Orchesterproben z.B. für die „Zukunftsmusik“, Filmabende und Diskussionsrunden statt. Im offenen Jugendbereich unter der Trägerschaft des Bildungszentrum Saalfeld stehen Jugendlichen ab 12 Jahren u.a. Billardtisch, Skaterampe, Dart, Kickertisch, Tischtennis und vieles mehr bereit, außerdem werden Kreativ- und Kochangebote organisiert. Dabei ist den Veranstaltern wichtig, dass ihre Besucher Vielfalt und Toleranz (er-)leben. Das Haus heißt alle willkommen, die das genauso sehen.