„Eine Retrospektive“ zum 60. Geburtstag

Stefan Jüttner und Ricarda Straub-Unger im Galeriegespräch

Herr Jüttner, was bedeutet für Sie diese Ausstellung?
S. Jüttner: Sie erinnert mich daran, dass ich älter geworden bin (lacht). Im Ernst: Es ist natürlich immer spannend, in der Heimatstadt auszustellen. Wir stellen einen Querschnitt meiner Arbeiten über die Jahrzehnte aus, neben meinen Grafiken auch Handzeichnungen mit Graphit. Bei der Auswahl bin ich Werken begegnet, die ich lange nicht mehr angesehen habe. Auf viele hatte ich nun einen anderen Blick, man entwickelt sich ja. Manche sieht man dann kritisch, hinter manchen steht man immer noch 100prozentig. Ich lasse mich jedenfalls überraschen von der Resonanz. Da ich in einem Künstlerhaushalt aufgewachsen bin, kann ich mich ja ganz gut einordnen und werde nicht übermütig.


Und Frau Straub-Unger, was bedeutet die Ausstellung für Sie als Galeristin?

R. Straub-Unger: Sie ist mir wirk lich eine persönliche Freude, denn die allererste Ausstellung, die ich kuratieren durfte, war ebenfalls mit Stefan Jüttner. Das war vor fünf Jahren in der Kreissparkasse Saalfeld. Nun freue ich mich, dass wir hier in der Galerie die Ausstellung sehen werden. Ich erwarte durchaus, dass Stefan Jüttner als einer der bekanntesten Künstler Saalfelds sehr viel Publikum anziehen wird.


Wie würden Sie Ihren künstlerischen Werdegang beschreiben?
S. Jüttner: Die Wendezeit hat wie bei vielen anderen schon einiges verändert und ich wurde vom Töpfermeister zum Mitarbeiter bei einem Grafik- & Buchrestaurator und zum Möbelrestaurator. Als ich dann beim Hausbau einen Unfall hatte und meine linke Hand fast ein Jahr lang nicht mehr bewegen konnte, war das ein Signal, dass ich die Töpferei aufgebe. Ich habe mich aufs Zeichnen zurückbesonnen und dazu die Gestaltungsmöglichkeiten mit dem Computer entdeckt und gelernt. Es macht mir einfach Spaß, es muss raus.


Erklären Sie Ihre Bilder dem Publikum?
S. Jüttner: Nein, dann verliert es ja an seiner Kraft. Was ich will, ist: Spannung erwecken. Das schaffe ich durch den Kontrast eines Bildes und seines Titels. Eines meiner Bilder zeigt zum Beispiel eine idyllische Waldlandschaft, der Titel ist: „Nicht die ganze Wahrheit“. Sofort baut sich etwas Mysteriöses auf. Oder ein verfallenes Haus, das den Titel trägt: „Sonntagnachmittag“. Was verbindet der Betrachter mit Sonntagnachmittagen? Mir geht es darum, reale Dinge, die jeder sieht, umzudenken, einen Perspektivwechsel anzuregen. Sozusagen Denksport für den Betrachter.


R. Straub-Unger: Das ist ja das Schöne an der Kunst, dass sie nicht das abbildet, was man sieht, sondern zusätzliche Ebenen. Das schafft Stefan Jüttner mit seien Giclée-Drucken und seinen Graphitzeichnungen
ganz explizit.

Was muss ein Motiv oder eine Szene haben, damit sie von Ihnen festgehalten wird?
S. Jüttner: Es ist gar nicht immer so, dass ich etwas sehe, was dann zum Motiv wird. Manchmal wecken auch ein Geräusch, ein Geruch, ein Geschmack eine Assoziation, die ich festhalte – der sogenannte Madeleine-Effekt. Damit die richtige Stimmung entsteht, arbeite ich viel mit Hintergrund und Bildtiefe. Wenn ich unterwegs bin und mit meiner Kamera ein Motiv festhalte, habe ich das Bild, das ich daraus machen will, dann meistens schon im Kopf.

Welche weiteren Ausstellungen sind bis zum Sommer geplant?
R. Straub-Unger: Mein Ansatz ist, immer einen Wechsel zu erzeugen: Zwischen Grafik und Malerei, zwischen jungen Nachwuchskünstlern und etablierten Künstlern, zwischen Saalfeldern und Künstlern aus anderen Ecken Thüringens. Im Juni geht es weiter mit Christoph Liedtke aus Halle, der aber Saalfelder Wurzeln hat und mit dem wir das Aufeinandertreffen von Zeichnung und Schrift zelebrieren werden. Es folgt Lina Gräf, gebürtige Saalfelderin. Sie hat am Bauhaus in Weimar studiert und wird gemeinsam mit einer Freundin u. a. Plakatmalerei ausstellen.

Verlängerte Öffnungszeiten und Künstlergespräch in der Saale Galerie am 17. Mai ab 15 Uhr

VITA
1963 in Saalfeld geboren, Sohn des über Deutschland hinaus bekannten Keramikers Karl Jüttner und
der Malerin, Pianistin und Dichterin Renate Jüttner
1979 Eintritt in väterliche Werkstatt
1986 Meisterschüler bei Mario Enke
seit 1992 Multimediaentwicklung und Computergrafik
seit 2009 Mitglied im VBK Thüringen & BBK Bundesverband